Lieber H.,
wir haben uns zwar nicht wirklich gekannt und hatten nur selten die Chance, zu plaudern. Dennoch waren diese seltenen Male sehr prägend und eine schöne Erinnerung an dich.
Vom Alter her hatten wir einen gewaltigen Unterschied, den habe ich jedoch nie wirklich bemerkt wenn wir stundenlang da saßen und du mir von deinem aufregenden und abenteuerlichen Leben erzählt hattest. Im Gegenteil, ich fühlte mich bei dir wohl und so vertraut, als wären wir uns vielleicht in einem früheren Leben schonmal begegnet.
Schwere Schicksalsschläge hast du erlitten und immer noch spüre ich den Schmerz auch in mir. Ich wäre heute gerne gekommen, um Abschied von dir zu nehmen. Um mich zu bedanken, dass du in mein Leben getreten warst. Du hast mein Leben bereichert, auch wenn es geschwollen klingen mag.
Auch einer der Gründe, wieso ich nicht gekommen bin. Was hätten die anderen von mir gedacht?
'Die Exfreundin, die im Mittelpunkt stehen will? Die Schauspielerin, die weint obwohl sie dich nicht einmal wirklich kannte.'
Das wollte ich nicht. Außerdem wäre es eine sehr unangenehme Situation für die anderen und für mich gewesen, da ich mit Sicherheit sehr emotional gewesen wäre.
Als A. mir die Nachricht verkündete, war ich sehr erschüttert und tief getroffen. Als wärst du mein Familienmitglied gewesen.
Man sollte zwar nicht so denken, aber manchmal habe ich das Gefühl dass es immer die Guten treffen muss. Du warst noch so voller Leben, wolltest dein Leben in vollen Zügen genießen und hast du jahrelang diese Last mit dir tragen müssen.
Ich weiß zwar nicht, was du alles für Fehler in deinem Leben begangen hast und das geht mich auch keineswegs was an, aber das ist kein Grund so bestraft zu werden.
Andererseits hoffe ich, dass du ein erfülltes Leben gehabt hast. Und ich denke, das hattest du nach deinen wundervollen Erzählungen.
Ich werde dein Grab allein besuchen kommen und mich persönlich nochmal von dir verabschieden, weil ich dich so mag und weil ich es so richtig finde.
Allein, weil ich nicht mehr ein Teil "deiner" Familie bin und allein, weil mich niemand wirklich trösten könnte und ich das auch nicht wollen würde.
Danke für deine Zeit und deine Geschichten. Daran werde ich mich sehr gerne erinnern!
Was ich von dir gelernt habe? Mein Leben im Hier und Jetzt zu genießen und mit den kleinen Dingen glücklich zu sein.
Fühl dich ganz fest umarmt und vielleicht sehen wir uns ja wieder.
Deine N.
P.S.: Jedes Mal, wenn ich Meeresfrüchte esse, werde ich an dich denken, da du sie so mochtest...
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